Ein drittes Testament
Die Etablierung universaler Menschenrechte, die Abschaffung der Sklaverei, der Aufbau karitativer Strukturen – all das ereignete sich in den Regionen, die mit dem Evangelium geprägt wurden.
Jesus ist kein Jenseits-Vertröster, sondern ein Diesseits-Veränderer.
- Untergrundkirche: Als Schafe unter Wölfen
Die «Didache» (ca. 100 AD) zählte auch eine Reihe definitiver «No-Gos» auf: «Du sollst dich von Knabenliebe fernhalten, du sollst keinen Sex ausserhalb der Ehe haben, du sollst nicht stehlen, du sollst keine Zauberei treiben, du sollst dein Kind nicht abtreiben und dein Neugeborenes nicht töten.»
451 Konzil von Chalkedon: Der irdische Jesus war gleichzeitig ganz Gott und ganz Mensch. Auch der Heilige Geist ist Gott. Gott ist eins und gleichzeitig drei Personen.
Einig waren sich die antiken Kirchenväter darin, dass aus der Bibellektüre alleine noch keine christliche Erkenntnis entstehen konnte. Man brauchte auch die Anleitung durch den Heiligen Geist.
- Staatskirche: Die Minderheit wird Mainstream
Augustinus verfasste sein längstes Buch, «Vom Gottesstaat». Darin entwickelt er nicht nur die Vorstellung von «Zwei Reichen», einer zeitlich befristeten Ordnung und dem Reich Gottes, das auf Glauben gegründet ist und in die Ewigkeit reicht. Er bekräftigte auch, dass das alte Rom an seinem Stolz und seiner eigenen Schwäche zugrunde gegangen war.
- Weltkirche: Mission Incredible
Mission («Sendung») gehört zum Christentum wie karitatives Engagement und ist integraler Bestandteil der Agape-Ökonomie.
In den allermeisten Fällen sorgte die Mission für eine spürbare Verbesserung der Lebensbedingungen, vor allem für Arme und Frauen. Missionare bauten nicht Gefängnisse, um Ungläubige darin zu foltern, sondern Krankenhäuser und Schulen. Sie sorgten dafür, dass in humane Praktiken wie Menschenopfer oder Witwenverbrennungen eingestellt wurden. Sie beabsichtigten nicht eine Vernichtung altehrwürdiger Kulturen, sondern förderten vielmehr deren Bewahrung, etwa durch die Übersetzung der Bibel in deren Sprachen.
Die Leistung der mittelalterlichen Missionare kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Sie verzichteten auf Besitz, Familiengründung und ein Leben im Komfort. Was sie antrieb, war alleine der Wunsch, möglichst vielen Menschen das christliche Heil zu bringen.
- Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit: Die Werte-Revolution
Ein rein säkularer bzw. naturalistischer Humanismus ist geradezu paradox, denn der Natur bzw. der seelenlosen Materie ist das Wohlergehen des Menschen völlig schnuppe. Ein Weltbild, das auf blindem Zufall aufgebaut ist, kann keine Mitmenschlichkeit begründen. Ein Gottesbild jedoch, bei dem Gott die Menschen aus Liebe erschaffen hat, schreibt Barmherzigkeit zwingend vor.
Ende der Sklaverei um das Jahr 1750. John Newton («Amazing Grace»), William Wilberforce.
Christen machten nicht alles anders. Aber vieles besser. Die Jesus-Nachfolger pflegten von Anfang an eine Kultur der Mitmenschlichkeit. Ihre Wohltätigkeit beschränkte sich nicht auf Familienmitglieder und Stammesgenossen. Vielmehr zeichneten sich die christlichen Gemeinden gerade dadurch aus, dass sie Fremde zu Freunden machten.
- Aufbrüche: Klöster und andere geistliche Kraftwerke
Ab dem frühen Mittelalter, konkret ab dem Jahr 529, entstanden neue spirituelle Wärmekammern: die Klöster.
Die neuen Orden (ab 13. Jh) setzten nicht nur in Sachen Heiligkeit neue Massstabe. Sie brachten auch die vermutlich grössten Denkerpersönlichkeiten des Mittelalters hervor, unter anderem Bonaventura und Roger Bacon (beide Franziskaner), Albertus Magnus, Thomas von Aquin und Meister Eckhart (alle Dominikaner), Erasmus von Rotterdam und Martin Luther (Augustiner).
Im 14. Jahrhundert stand die Reise nach innen im Vordergrund. Nicht das Hirn, sondern das Herz war der wichtigste Entscheidungsträger. ⇒ Mystik.
Meister Eckhart: Wer von Gott erfüllt sein wolle, müsse bereit sein, sich von seiner Selbstsucht heilen zu lassen.
Wer seinen Willen mit Gott und den Interessen der Mitmenschen synchron schalten will, lebt asynchron zur Welt. (Teresa von Ávila).
- Umbrüche: Reformationen und andere Relaunches
Luther gibt uns nicht nur die vertikale Richtung vor, die zum Frieden und zur Gemeinschaft mit Gott, sondern auch die horizontale Richtung, die zu vertrauensvollen und glückhaften Beziehungen mit anderen Menschen führt. Er wollte «alle Künste, sonderlich die Musik, gern sehen im Dienst dessen, der sie gegeben und geschaffen hat».
Die Pietisten legten besonderen Wert darauf, dass das Evangelium nicht nur gelernt, sondern persönlich erfahren und gelebt werden sollte.
- Die Erfindung der Moderne: Warum wir dem Mittelalter den Fortschritt verdanken
Die Christen waren die Bewahrer und Neuerfinder, nicht die Zerstörer des Abendlandes.
Je klarer die Menschen die Welt um sich herum sehen und erforschen, desto mehr lernen sie auch über den dreieinigen Gott, den Schöpfer, den Erlöser, den Helfer.
Wer Gott kennenlernen wollte, musste Gottes Wort studieren, vorzugsweise im Original. Und wer die Welt kennenlernen wollte, musste sie genau beobachten: «In den Naturwissenschaften kann man ohne Erfahrung und Experiment nichts Zureichendes wissen.»
Zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert erlebte Europa eine Wissenschaftsrevolution, die alles bisher Dagewesene in den Schatten stellte. Bei fast allen Forschern und Erfindern, die an dieser Revolution mitwirkten, stand der christliche Glaube im Zentrum ihres Denkens.
Je gründlicher ein Wissenschaftler die Welt erforschte, desto mehr Indizien würde er für die Existenz des christlichen Gottes finden (Robert Boyle).
- Wer glaubt, versteht mehr vom Leben: Christliche Denker
Christliche Philosophen streben aus gutem Grund nicht obsessiv nach dem theoretischen Ganzen. Sie hoffen nicht auf eine alles erklärende Weltformel, weil sie der irdischen Weisheit letzten Schluss kennen: Jesus Christus.
Thomas von Aquin beschrieb den Menschen als vernunftbegabtes Wesen, das von Gott mit der Fähigkeit ausgestattet war, seine Existenz zu erkennen, aber für eine Begegnung mit Gott dessen Hilfe benötige.
«Jeder Mensch kann tun, was Mohammed getan hat. Denn er hat keine Wunder getan, und er ist nicht vorausgesagt worden. Kein Mensch kann tun, was Jesus Christus getan hat.» (Pascal)
Egoisten sind amputierte Persönlichkeiten, weil sich nur im «Wir» das echte Menschsein entfalten kann. (Marcel)
- Glaube macht Schule: Bildungsoffensiven
Comenius rief dazu auf, «in allen Gemeinden, Städten und Dörfern eines jeden christlichen Landes Schulen zu errichten, in denen die gesamte Jugend beiderlei Geschlechts ohne jede Ausnahme rasch, angenehm und gründlich in den Wissenschaften gebildet, zu guten Sitten geführt, mit Frömmigkeit erfüllt und auf diese Weise in den Jugendjahren zu allem, was für dieses und das künftige Leben nötig ist, angeleitet werde».
Es ist eine viel zu wenig gewürdigte Tatsache, dass sämtliche Fortschritte auf dem Gebiet der Frauenbildung christlich-abendländischen Ursprungs sind: angefangen bei Jesus.
- Glaube macht schön, Teil 1: Literatur
Christliche Autoren seit dem 16.Jh: John Bunyan, Jonathan Swift, Daniel Defoe, George MacDonald, Lewis Caroll, William Shakespeare, Charles Dickens, John Donne, George Herbert, Joseph von Eichendorff, T. S. Eliot, Gogol, Julien Green, Nathaniel Hawthorne, Jochen Klepper, John Milton, Novalis, Jean Racine, Joseph Roth, Franz Werfel, Evelyn Waugh.
Die Geschichte vom «Vater Martin» rührt noch heute an. An ihr wird das Markenzeichen christlicher Literatur deutlich: Sie öffnet das Herz für die Gottesliebe und schliesst es gleichzeitig für den Nächsten auf.
Autoren, die christlich geprägt sind, stützen sich auf das Glaubensfundament des Evangeliums, richten sich hoffnungsfroh auf die nächste Welt aus, fühlen sich dem Liebesgebot verpflichtet.
Fjodor Dostojewski macht aus seinem Pessimismus keinen Hehl: «Europa hat Christus verlassen, und deshalb stirbt Europa, einzig deshalb.»
C.S. Lewis: «Ein Mensch, der nur Mensch war und die Dinge gesagt hätte, die Jesus gesagt hat, wäre kein grosser Morallehrer. Er wäre entweder ein Verrückter – vergleichbar einem Mann, der sich für ein pochiertes Ei hält – oder sogar der leibhaftige Teufel … Du kannst ihn als Idioten abstempeln, ihn anspucken und als Dämonen töten – oder du kannst vor ihm fallen und ihn Herrn und Gott nennen. Aber wir sollten aufhören mit dem herablas- senden Blödsinn, dass er ein grosser menschlicher Lehrer war. Diese Möglichkeit hat er uns nicht offengelassen.»
Gemäss Tolkien rufen Märchen Freude hervor. Genau darin gleichen sie dem christlichen Evangelium.
- Glaube macht schön, Teil 2: Bildende Kunst
Künstler, die mit ihren christlich inspirierten Malereien und Skulpturen einige der grössten Meisterwerke überhaupt geschaffen haben: Andrej Rubljow, Sandro Botticelli, Jan van Eyck, Hieronymus Bosch, Matthias Grünewald, Raffael, Tizian, Leonardo da Vinci, Pieter Bruegel, El Greco, Diego Velázquez, Peter Paul Rubens, Marc Chagall, Albrecht Dürer, Michelangelo, Rembrandt van Rijn, Vincent van Gogh, …
- Glaube macht schön, Teil 3: Musik
In gewisser Hinsicht ist keine andere Kunstform dem göttlichen Schöpfungsprozess so verwandt wie die Musik.
Martin Luther war überzeugt, dass Musik «den Teufel vertreibt und die Menschen fröhlich macht».
Offen zum Christentum bekannten sich unter anderem John Taverner, Thomas Tallis, Henry Purcell, Claudio Monteverdi, Heinrich Schütz, Johann Pachelbel, Georg Philipp Telemann, Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart, Franz Schubert, Frédéric Chopin, Franz Liszt, Giuseppe Verdi, Anton Bruckner, Antonin Dvorak, Camille Saint-Saëns, Edward Elgar, Igor Strawinsky, Charles Ives, Arvo Pärt, Vivaldi, Händel, Bach.
Bach gelingt es, das Staunen über das Eingreifen Gottes in die Welt gleichermassen in Töne und Worte zu fassen.
Fragen/Bemerkungen zur Diskussion
Warum hat die christliche Mission heutzutage in vielen Kreisen einen so schlechten Ruf, obwohl sie Bildung, Krankenpflege, Frauenrechte, Demokratie und die Abschaffung der Sklaverei förderte?
Christen waren führend in der Philosophie, in der Naturwissenschaft, sowie in allen Kunstformen.
Warum erwähnt Spieker John Wesley und seine Sozialreformen kaum?
Warum sagt Spieker nichts über nichtchristliche Denker wie Darwin, Marx, Freud, Jung, usw.? [Kommt später]