Graue Bienen von Andrej Kurkow
Für Sergejitsch, einen von nur zwei verbliebenen Einwohnern des kleinen Dorfes in der grauen Zone zwischen der autonomen Volksrepublik Donezk und dem Rest der Ukraine, ist nichts wichtiger als seine Bienen.
Die ersten 200 Seiten des Buchs schildern die alltäglichen Begegnungen zwischen Sergejitsch und dem zweiten Zurückgebliebenen, seinem Kindheitsfeind Paschka. Wir erfahren von ihren kärglichen Lebensbedingungen und den gelegentlichen Geschossen, die über ihren Köpfen vorbeirauschen und irgendwo in der Ferne explodieren. Somit ist das Tempo des Textes etwas träge.
Aber auf einmal werden seine Bienenstöcke auf den Anhänger geladen und Sergejitsch macht sich in seinem alten Lada Schiguli auf eine lange, ereignisreiche Reise gen Westen. Nachdem er einen Platz am Waldrand gefunden hat, wo seine Bienen in Ruhe ihre Arbeit aufnehmen können, geht er fast zufällig eine kurzlebige Beziehung mit einer freundlichen Ladenbesitzerin ein. Als er dann aufgrund von Morddrohungen weiterziehen muss, landet er schliesslich auf der russisch besetzten Krim. Dort freundet er sich mit der tatarischen Familie seines ehemaligen Imkerkollegen an, der jedoch vor zwei Jahren verschwunden ist.
Seine sehr lebhaften Träume geben uns immer wieder Einblicke in Sergejs Gedankenwelt. Spannungen zwischen den echten Ukrainern, den Separatisten und den russischen Machthabern werden ebenso aufgezeigt, so wie die unterschiedlichen Weltanschauungen der muslimischen Tataren und der orthodoxen Christen.
Da es kaum kriegerische Handlungen gibt – nur selten taucht ein Toter oder Verwundeter auf der Bildfläche auf – wird uns die Sinnlosigkeit des Krieges bewusst. Wir sehen, wie alle Menschen, trotz kleiner Unterschiede, im Wesentlichen gleich sind und keinen Grund haben, sich gegenseitig zu bekämpfen.
Das Buch ist – trotz seiner Länge – ansprechend geschrieben. Die Hauptdarsteller sind gut ausgearbeitet und glaubwürdig.