Jesus – eine Weltgeschichte XII

«Folge mir nach»: Der Jesus-Weg

Eine Kirche ohne Trittbrettfahrer ist flinker und wendiger. Aber eben auch einflussärmer. Mitglieder- starke Volkskirchen können gesellschaftliche Fehlentwicklungen eher aufhalten als vereinzelte Überzeugungs-Gemeinschaften.

Wie beim Abstinenzprogramm der Anonymen Alkoholiker geht es auch um eine Suchtbefreiung, nämlich von der liebes- und lebensfeindlichen Ich-Sucht.

  1. Anhalten: Von allen guten Zeitgeistern verlassen

Es ist vor allem die Verheissungslosigkeit, an der die Menschen von heute leiden, ob sie es merken oder nicht. Ihnen fehlt eine Hoffnung, die über ihre irdische Existenz hinausreicht und die sich auf etwas anderes als den Augenschein gründet. In ihrem Bemühen, sich aus der liebevollen Umarmung Gottes zu lösen, haben sich die Menschen zum Freiwild im darwinistischen Überlebenskampf herunterdressiert.

«Wenn Menschen sich dagegen entscheiden, an Gott zu glauben, dann glauben sie anschliessend nicht an nichts, sondern sind fähig, an alles zu glauben» – G. K. Chesterton

  1. Suchen: Warum Jesus nicht nur die beste Lösung ist, sondern auch die wahrscheinlichste

Anders als die vom Fortschrittshype geblendeten Menschen des frühen 20. Jahrhunderts wissen wir, dass wir nichts wissen können.

Die Entstehung des Menschen ist rechnerisch gesehen nahezu unmöglich. Dass wir nicht nur existieren, sondern sogar darüber reflektieren können, ist im höchsten Masse absonderlich, geradezu freaky. Wer sich angesichts solcher Tatsachen darüber beschwert, dass die Existenz Gottes nicht eindeutiger bestimmbar ist, hat sich in kindischem Trotz verrannt.

Entgegen allen Beteuerungen von Atheisten ist die Existenz eines Schöpfergottes nach wie vor das einzige plausible Argument für unsere eigene Existenz.

  1. Finden: Der Sprung in den strahlend hellen Abgrund

«Jesus ist geduldig und freundlich. Jesus ist nicht verbissen, er prahlt nicht und schaut nicht auf andere herab. Jesus verletzt nicht den Anstand und sucht nicht den eigenen Vorteil. Jesus lässt sich nicht reizen und ist nicht nachtragend. Jesus freut sich nicht am Unrecht, sondern freut sich, wenn die Wahrheit siegt. Jesus nimmt alles auf sich, er verliert nie den Glauben oder die Hoffnung und hält durch bis zum Ende.»

«Durch ihn ist alles erschaffen, was im Himmel und auf der Erde ist: Sichtbares und Unsichtbares, Königreiche und Mächte, Herrscher und Gewalten. […] Er ist der Ursprung allen Lebens.» 

Glauben heisst, mitzuhelfen, den Himmel auf die Erde zu holen. 

Jesus sagt nicht: Du kannst bleiben, wie du bist und wo du bist. Er sagt: Du musst von Neuem geboren werden und mir dann nachfolgen.

Wo immer sich Menschen im Neuen Testament entschliessen, Jesus nachzufolgen, erleben sie eine Steigerung ihrer Persönlichkeit, eine Erschliessung ungeahnter Potentiale.

  1. Feiern: Champagnerkorken und andere Partyknaller
  2. Leben: Das leichte Joch

Auch die Jünger bekommen freie Bahn bei ihrer Mission. Jesus hinterlässt ihnen keinen detaillierten Regelkatalog, sondern einen weiten schöpferischen Spielraum.

Es gibt keinen Weg, der zum Leben führt, ausser in der Nachfolge Christi. Und zu deren Grundausstattung gehört das Joch der Selbstzurücknahme und der Gotteshingabe.

  1. Lieben: All You Need Is Agape

Nicht an ihrer Engstirnigkeit soll man Christen erkennen, sondern an ihrer Grosszügigkeit; nicht daran, dass sie weniger sündigen, sondern daran, dass sie mehr lieben. Auch, wenn es schwerfällt.

«Ich glaube an das Christentum, so wie ich glaube, dass die Sonne aufgegangen ist. Nicht nur, weil ich sie sehe, sondern weil ich durch sie alles sehe.» C. S. Lewis

  1. Bibellesen: Das Buch des Glaubens

«Wer die ganzen heiligen Schriften oder wenigstens irgendeinen Teil davon verstanden zu haben glaubt, dabei aber diesem Verständnis nicht die Doppelliebe zu Gott und zum Nächsten zugrunde legt, der hat sie noch nicht verstanden.» Augustinus

Das protestantische Prinzip «Sola Scriptura», «Allein durch die Schrift» – also: Die Schrift als einzige Norm und Quelle des christlichen Lebens – gilt zwar, wenn es darum geht, Glaubenslehren an göttlichen Offenbarungen festzumachen. Die biblischen Schriften sind auf einzigartige Art und Weise von Gott inspiriert.

Gott kann aber auch auf andere Art und Weise zu uns sprechen, durch Freunde und Seelsorger und eben auch durch Texte aus vergangenen Epochen, von Augustinus und Blaise Pascal, von Teresa von Avila und Dietrich Bonhoeffer.

Das Evangelium knüpft an die Geschichte des Alten Israels an. Ebenso wichtig ist aus christlicher Sicht die Zeit nach Pfingsten, die Verbreitung des Evangeliums durch die Kraft des Heiligen Geistes. Wer sich damit auseinandersetzt, beugt ebenso wie durchs Bibelstudium der Gefahr vor, sich selbst in der Aktualität zu verlieren.

  1. Beten: Die Sprache der Hoffnung

Wenn die Bibel das Buch des Glaubens ist, dann ist das Gebet vor allem ein Ausdruck der Hoffnung. Wer mit Gott redet, spricht in einen vermeintlich leeren Raum hinein, meist ohne die Gratifikation unmittelbarer Resonanz. Aus dem Glauben, den Jesus gelehrt hat, beziehen Christen die Hoffnung, dass Gott tatsächlich zuhört und erhört.

Ohne Gebet schrumpft unsere Existenz auf das banale Hier und Jetzt zusammen.

Gott kennt uns, Gott liebt uns, Gott erlöst uns. Dafür dürfen wir unseren Dank ausdrücken. Auf offene Worte müssen wir dennoch nicht verzichten.

Glaube ist etwas zutiefst Persönliches, aber keine Privatsache. Glauben lernt und lebt man in der Gemeinschaft.

  1. Zusammenkommen: Ohne Kirche geht es nicht

Deshalb ist auch nicht das stille Kämmerlein, sondern die Gemeinde das Kraftzentrum und Entgiftungslazarett des Christen … So hilft uns die Kirche als soziales Belohnungssystem, treue Liebe zu üben.

Die Apostel riefen den Rest der Welt in die Gemeinden hinein, um dort Liebe zu erfahren und zu verwirklichen.

Es menschelt im Reich Gottes.

Genauso wie bei Jeremia und Daniel können wir uns orientieren an berühmten Jesus-Nachfolgern der letzten zwanzig Jahrhunderte, an Athanasius und Luther, an Florence Nightingale und Mutter Teresa, an Simone Weil und C. H. Spurgeon.

Der Staffelstab muss wieder an die nächste Generation weitergereicht werden. Jesus hat garantiert: Das Rennen geht weiter. Bis ans Ende der Zeit.

  1. Zweifeln: Unsicherheitstoleranz lernen

Zweifelnde Christen im Vertrauen, nicht unterzugehen, zu stärken, ist die Aufgabe der Mitgläubigen.

Die zwei wichtigsten Fragen der Menschheit lauten: Gibt es einen Gott, der die Welt erschaffen hat? Und hat sich dieser Gott in Jesus offenbart?

Der christliche Glaube ist keine Flucht vor angestrengtem Nachdenken, sondern dessen letzte Konsequenz.

Das Leben ist rätselhaft, erst recht, wenn man als Christ in zwei parallelen Realitäten lebt: dieser sinnlich erfahrbaren Welt und dem Reich Gottes, das nur geglaubt werden kann.

Ich bin überzeugt davon, dass die derzeitige Nachfolgekrise insbesondere eine Nachahmungskrise ist. Menschen sind imitierende Wesen, die sich bei ihren Lebensentscheidungen an Vorbildern orientieren. Das ist nicht einfach in einer Zeit, in der die perfekte Work-Life-Balance als höchstes Lebensziel gilt – und in der Influencer statt Heilige die Richtung vorgeben.

Wir können uns gefasst machen auf Vorbilder, die quer zum Zeitgeist stehen, die einen reduzierten Lebensstil pflegen statt einem hedonistischen, die Treue vorleben und die Gottergebenheit statt Ichbezogenheit predigen.

  1. Kämpfen: In der Welt, nicht von der Welt

Die Aufforderung Jesu zu kompromissloser Nachfolge kollidiert mit dem Verbot, andere Glaubens- und Lebensformen zu diskriminieren.

Christen helfen, aber sie nerven auch. Sie sind das Salz der Welt, das in deren offenen Wunden schmerzt.

Was die Nicht-Christen damals wie heute an den Christen irritiert, sind vor allem zwei Besonderheiten: 

  • Ihr religiöser Absolutheitsanspruch.
  • Ihre auf die Ehe und deren Erhalt ausgerichtete Sexualmoral. 

Vor allem aber können Christen aus den Worten Kampfesmut schöpfen, die Jesus seinen Jüngern zugerufen hat: «Freut euch, dass eure Namen im Himmel aufgeschrieben sind.» Da, wo kein «Delete»-Befehl sie auslöschen kann.

  1. Ankommen: Going Home. 

Dass es ein ewiges Leben gibt, ahnen alle Menschen. Gott hat ihnen «die Ewigkeit ins Herz gelegt», verkündet der biblische «Prediger». Menschen können sich alles Mögliche vorstellen, aber nicht das Nicht-Sein.

Die Welt, wie wir sie bisher kannten, geht zu Ende. Dafür sorgen Globalisierung, Digitalisierung, radikale Individualisierung.

Christen gehen, geführt vom Heiligen Geist zu Jesus und zum Vater. Sie werden dort unter anderem die Personen treffen, denen sie in diesem Buch begegnet sind…

Was mit denen passiert, die aufgrund von Umständen, für die sie nichts können, Jesus nie begegnet sind, weiss Gott. Er ist die Liebe und in dieser Tatsache liegt auch schon eine Antwort: Er ist die Gerechtigkeit und wird deshalb jedem Menschen gerecht werden. Aber die Verdammnis und was immer sich hinter dem Wert verbirgt, braucht Christen nicht zu beschäftigen. 

Outro: Omega

Jesus fragt: «Hast du mich lieb?»

Fragen/Bemerkungen zur Diskussion

Warum entscheiden sich so wenige für den Jesus-Weg, wenn er der plausibelste und überzeugendste Weg ist?

Wie erleben wir ‘von Neuem geboren werden’, ‘das Joch der Selbstzurücknahme und der Gotteshingabe’?

Erleben wir die Gemeinde als ‘Kraftzentrum und Entgiftungslazarett des Christen’?

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